Die Ernährungsberaterin Sonja Guse im Interview
17. Juli 2018
Heute im Interview bei Kindaling: Sonja Guse. Als zertifizierte Ernährungsberaterin geht sie auf verschiedene Situationen individuell ein und hilft Eltern, die richtige Ernährung für Familie und Kind zu finden.
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1. Liebe Sonja! Schön, dass du dich heute den Berliner Familien vorstellst. Was bietest du speziell für Familien an und was ist das Besondere daran?
Vielen Dank, ich freue mich auch, hier zu sein. Als Ernährungsberaterin richtet sich mein Angebot an alle, die sich für gesunde Ernährung interessieren. Dabei liegen mir vor allem Familien am Herzen.
Gerade beim ersten Kind sind Eltern oft verunsichert: Wann kann oder muss ich mit dem ersten Brei starten? Welches Gemüse eignet sich? Sollte ich lieber selbst kochen oder sind die angebotenen Gläser auch ok? Bei ihren Recherchen, sei es im Bücherregal, aber vor allem auch im Internet, stoßen Eltern auf viele widersprüchliche Empfehlungen. Vielfach sind diese auch nicht produktneutral. Da setzte ich an!
Meine Empfehlungen sind unabhängig und ich gehe individuell auf die Bedürfnisse der Kinder und ihrer Familien ein. Jedes Kind ist unterschiedlich – wir haben es hier also mit waschechten Individualisten zu tun. Ich vergleiche das gerne mit einem vollen Apfelbaum – hier sind ja auch nicht alle Äpfel zur selben Zeit reif. Und selbst wenn es Äpfel der gleichen Sorte sind, jeder hat seinen eigenen Geschmack.
Einen weiteren Schwerpunkt lege ich auf die Beratung von Eltern, die sich und ihre Kinder vegan ernähren möchten. Denn sie stoßen oft auf unfassbare Vorurteile, Fehlinformationen und großes Unverständnis. Das gipfelt auch schon mal in der Behauptung, die vegane Ernährung würde das Kindeswohl gefährden. Das ist schlichtweg falsch. Auf die große Frage, ob es denn ohne Fleisch, Milch und Eier geht, gibt es eine einfache und wunderbare Antwort: JA! Und ich zeige, wie eine gesunde pflanzliche Ernährung von Anfang an für die ganze Familie im Alltag umgesetzt werden kann und wie diese auch allen Familienmitgliedern richtig gut schmeckt.
2. Wie ist dein beruflicher Werdegang? Wie ist es dazu gekommen, dass du die Ausbildung zur Ernährungsberaterin absolviert hast?
In meiner Familie haben wir erblich bedingt ein hohes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Leider sind deshalb schon viele meiner Verwandten in jungen Jahren gestorben. Nachdem auch bei mir die genetische Disposition nachgewiesen wurde, wollte ich mich nicht damit abfinden, ein Leben lang viele Medikamente einzunehmen. Ich habe also nach Alternativen gesucht.
Bei dem Thema Ernährung bin ich dann fündig geworden. Seitdem beschäftigt mich die Frage, was unsere Nahrung mit unserem Körper macht: Wie stark beeinflusst das, was wir essen, unsere Gesundheit? Ist es möglich, ohne die klassischen Erkrankungen des Alters lange zu leben? Gibt es für bestimmte Leiden eine bessere bzw. natürlichere Alternative, als Medikamente einzunehmen?
Und weil ich mich nicht mit halben Sachen zufriedengebe, habe ich mein autodidaktisches Studium mit einer Ausbildung zur Ganzheitlichen Ernährungsberaterin untermauert. Um speziell Eltern optimal zu unterstützen, habe ich anschließend noch eine Ausbildung zur Fachkraft für Säuglings- und Kleinkindernährung beim Verein Unabhängige Gesundheitsberater (UGB) absolviert. Im UGB bin ich Mitglied bei „fair beraten“ und damit verpflichtet, jedes Jahr qualifizierte Fortbildungen zu besuchen. So bin ich immer auf dem neuesten Stand der Wissenschaft.
In der Praxis musste ich dann feststellen, wie schwer es den Menschen fällt, Gewohnheiten und feste Strukturen zu durchbrechen und zu ändern.
Ich bin überzeugt, dass wir bei den Kindern ansetzen sollten. Hier haben wir die große Chance, ihnen Werte und den Respekt vor dem Leben und der Natur mit auf den Weg zu geben und den Grundstein für ein gesundes Leben zu legen. Es macht einfach glücklich, seine Kinder gesund zu ernähren, denn als Eltern wollen wir alle nur das Beste. Unsere Kinder sollen sich optimal entwickeln und gesund aufwachsen. Gibt es eine größere Chance, als ihnen von Anfang an eine gute Ernährung beizubringen?
3. Wie genau können sich die Eltern ein Beratungsgespräch bei dir vorstellen? Wie ist der Ablauf?
Ich treffe mich mit den Familienmitgliedern in entspannter Atmosphäre und finde heraus, was ihnen rund um das Thema Ernährung wichtig ist, was das tägliche Zeitbudget hergibt, wo jeder seine Vorlieben hat oder was gar nicht gemocht wird. Und dann schauen wir gemeinsam, wie eine gesunde und vor allem schmackhafte Ernährung für die ganze Familie umgesetzt werden kann. Denn nur wenn es schmeckt und für alle praktikabel ist, kann ich einen langfristigen Erfolg erzielen.
Die Fragen der Eltern stehen im Mittelpunkt. Im Laufe des Gesprächs vermittle ich zusätzlich Grundlagenwissen und gebe praktische Tipps. Es nutzt nichts, einer dreifachen, berufstätigen Mutter zu sagen, sie solle täglich frisch kochen. Ich muss ihr konkrete Mittel und Wege aufzeigen, die sie in der Praxis umsetzen kann.
Konflikte und Probleme rund um den Familientisch sind nicht selten. Gerade bei typischen „Mäkelkindern“. Durch gezieltes Nachfragen kommt dann aber doch immer eine Liste von Dingen zusammen, die das Kind isst.
In jedem Fall gibt es von mir selbst erstellte Infobroschüren mit nach Hause – hier können die Eltern noch einmal in Ruhe nachlesen. Auch gibt es stets eine zusammenfassende, individuelle E-Mail im Nachgang. Die Eltern haben außerdem die Möglichkeit, mich bei aufkommenden Fragen später per Mail zu kontaktieren.
4. Was sind die häufigsten Fragen, die du von Eltern zum Thema Ernährung bekommst?
Die ersten Fragen tauchen bereits im Säuglingsalter auf: Wann beginnen wir mit Beikost? Was können wir geben? Die Industrie ist hier sehr bemüht, den Eltern zu suggerieren, die Kleinen müssten schon im viertem Lebensmonat Brei bekommen.
Ein großes Thema ist auch, dass Kinder vermeintlich nichts essen oder eben nicht das Richtige. Hier können die richtigen Gegenfragen und ein Hinweis auf das gesunde Bauchgefühl Augenöffner sein und den Druck von den Eltern nehmen.
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5. Manchmal ist es wirklich schwierig, die verschiedenen Geschmäcker der Familie unter einen Hut zu bekommen. Hast du einen Tipp, wie man dieses Problem lösen kann?
Klar, jedes Familienmitglied ist ein kleiner Gourmet und Kinder können einen schon zur Verzweiflung bringen. Gestern war der Brokkoli noch hoch im Kurs – heute wird er mit „Iiihhh“ und „Bääähh“ verschmäht. Wichtig ist ein ausgewogenes Angebot. Die Eltern bestimmen, was und wann Essen auf den Tisch kommt. Die Kinder entscheiden, was und wie viel sie davon essen möchten.
Es kommt bei den meisten Kindern gut an, wenn sie beim Einkauf und der Zubereitung helfen können. Bei größeren Kindern kann man auch gemeinsam einen Plan machen, so dass jeder sein Lieblingsessen bekommt.
6. Du hast selbst Familie. Wie läuft das bei euch am Esstisch ab?
Oh je, mein Sohn ist mittlerweile erwachsen. Als er klein war, bin ich voll in die Mäkel-Falle getappt. Das führte zu endlosen Debatten und Machtkämpfen. Genau davor möchte ich Familien bewahren. Wenn er heute zum Essen zu uns kommt, ärgert er mich gerne mit den Stänkereien aus Kindertagen – aber mittlerweile können wir beide darüber lachen.
7. Was möchtest du Schwangeren, Eltern bzw. Familien mit auf den Weg geben?
Essen mit Kindern ist in erster Linie eine „Beziehungskiste“. Je weniger es zum Thema gemacht wird, desto besser. Hört auf euer Bauchgefühl, seid entspannt - kein gesundes Kind verhungert vor einem vollen Teller. Und ganz wichtig: Gemeinsam essen ist Genuss, Geselligkeit oder wie Jepser Juul sagen würde: hyggelig. Das ist Norwegisch und steht für Geborgenheit, Behaglichkeit und Trost spendend.
Mehr von Sonja Guse gibt es natürlich auf Kindaling. Guckt doch mal rein! Ihr wollt keine Gewinnspiele, Aktivitäten und Veranstaltungstipps rund ums Kind mehr verpassen? Dann meldet euch für unseren Newsletter an.