Die 28. Berliner Märchentage 2017
MÄRCHENLAND – Deutsche Märchenkultur präsentiert vom 9. bis 26. November die 28. Berliner Märchentage unter dem Motto „Die Liebe ist eine Himmelsnacht – Märchen und Geschichten von Liebe und Hass“. Ganz Berlin wird in dieser Zeit von traditionellen und modernen Märchen Geschichten aus aller Welt verzaubert. Wir sind dieses Jahr auch dabei und stellen heute Silke Fischer von Märchenland einige Fragen zu den Berliner Märchentagen.
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1. Liebe Silke, erzähle uns doch mehr über Märchenland und über die Märchentage in Berlin? Was genau erwartet die Besucher und speziell die Kinder?
Im Jahr 2004 habe ich mit meiner Kollegin Monika Panse MÄRCHENLAND – Deutsches Zentrum für Märchenkultur gegründet, um das Kulturgut Märchen in das Bewusstsein unserer Gesellschaft einzuprägen. Es ist das einzige Zentrum seiner Art in Deutschland und versteht sich als eine Institution für das traditionsgebundene und literarische Genre der Märchen, Sagen und Geschichten. Wir organisieren jedes Jahr europaweit mehr als 1.500 Veranstaltungen für Kinder und Erwachsene, bewahren das Märchen als Weltkulturerbe und bringen universelle Märchenbotschaften in aktuelle Diskussionen ein. Wir bewegen Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Medien sich gemeinsam für die Kinder- und Jugendkultur in Deutschland zu engagieren. Kaum ein anderer Ort ist so sehr mit Märchen verknüpft wie Berlin. Am Wohn- und Schaffensort der bedeutendsten Märchensammler der Welt, der Brüder Grimm, hat Märchenland – Deutsches Zentrum für Märchenkultur seinen Sitz im schönen Kurfürstenhaus.
2. Die Märchentage finden jedes Jahr zu einem anderen Thema statt. Dieses Jahr ist die Liebe Mittelpunkt des Festivals. Wie werden die Themen des Festivals festgelegt? Was ist euch dabei wichtig?
Jedes Jahr widmen wir uns mit den Berliner Märchentagen einem Thema, das uns am Herzen liegt, und reagieren auf aktuelle Entwicklungen in unserem Land und der Welt: In den heutigen Zeiten der Völkerwanderungen, Unruhen und kriegerischen Auseinandersetzungen gibt es eine Lösung für alle Probleme: die Liebe! Wie Aristoteles schon sagte: „Wenn auf der Erde die Liebe herrschte, wären alle Gesetze entbehrlich. “
Das Motiv der Liebe ist das tragende in vielen Märchen und Geschichten. Die Liebe ist unverzichtbar – im zwischenmenschlichen Bereich ebenso wie in der Religion, in der Musik sowie in der Kunst und in der Literatur. Die Liebe zur Natur ist existenziell. Götter und Planeten werden mit der Liebe in Verbindung gebracht. Die Liebe ist Sehnsuchtsort und Kampfplatz, Selbstverwirklichung und Selbstaufgabe, Freude und Leid. Die Liebe ist unsterblich, oder man stirbt aus Liebe… Aber es gibt auch das Gegenteil der Liebe – den Hass. Doch es hasst nur der, der einst geliebt hat. Man kann Menschen lieben, Tiere oder eine Idee. Es gibt die Nächstenliebe genauso wie die Selbstverliebtheit. Das Universum der Liebe ist unendlich!
Mit bekannten und unbekannten Märchen, Sagen, Legenden, Mythen und Geschichten nähern wir uns diesem Thema, um schlussendlich zu der Erkenntnis zu kommen: Make love, not war!
3. Was sind die Highlights und welche Prominente engagieren sich dieses Jahr für die Kinder- und Jugendkultur?
Sämtliche Highlights aufzuzählen, würde den Rahmen dieses Interviews sprengen – schließlich bieten wir über 800 Veranstaltungen an! Wir freuen uns besonders über die vielen bunten Botschaften Berlins, die uns und vielen Kindern ihre Türen öffnen und landestypische Märchen erzählen, sowie über die Politiker und Politikerinnern aller Parteien, die den Kindern in Märchenstunden ihre Zeit schenken – und das gerade jetzt, wo wir versuchen mit Märchenland e.V. in den Berliner Haushalt aufgenommen zu werden. Natürlich beehren uns auch viele Prominente und greifen zum Märchenbuch – genauso wie fast unzählige wunderbare, professionelle Erzähler und Künstler in ganz Berlin und Brandenburg. Wer mehr wissen will, findet unser ausführliches Programm auf unserer Internetseite!
4. Wie viele Veranstaltungen finden dieses Jahr insgesamt statt? Und wie viele Besucher erwartet ihr?
Es werden über 800 zum großen Teil kostenlose Veranstaltungen in Berlin und Brandenburg stattfinden, viele für Kinder, Familien und Schulklassen, aber auch für Jugendliche und Erwachsene. In jedem Fall steht das Thema Liebe im Mittelpunkt. Ein buntes Programm, in dem alle auf ihre Kosten kommen und den Märchenzauber in vollen Zügen genießen können.
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5. Märchen stellen für Kinder eigentlich immer die erste Berührung mit Literatur dar. Findest du, dass Märchen in unserer Zeit vernachlässigt werden?
Nein, die Märchen werden nicht „vernachlässigt“, wenn man sich z.B. die ganzen Filme, die im Kino der letzten Jahre gezeigt werden anschaut, kann man feststellen, dass es sehr viele Märchenfilme gibt, vor allen Dingen im Animationsbereich: Merida, Dornröschen, Die Eisprinzessin, oder jetzt Die Schöne und das Biest, oder davor die vielen Schneewittchen- und Hänsel und Gretel-Verfilmungen… Auch die ganzen Star-Wars-Episoden, Herr der Ringe und Harry Potter sind im Grunde genommen Märchen!
Was heute vernachlässigt wird ist, dass sich viele Menschen keine Zeit mehr nehmen, etwas gemeinsam zu machen, wie zum Beispiel sich einander vorzulesen. Die gute alte Gute-Nacht-Geschichte wird oft durch eine Audio-CD oder eine DVD ersetzt. Dabei wird oft vergessen, dass die neueste Technik niemals die direkte menschliche Stimme, verbunden mit körperlicher Nähe und dem damit einhergehenden Gefühl der Geborgenheit ersetzen kann. Man sollte alle Eltern aufrufen, sich die kostbaren Minuten vor dem Schlafengehen der Kinder nicht entgehen zu lassen, vorzulesen, über den Tag zu sprechen und die letzten Probleme zu lösen, so dass die Kinder ruhig und entspannt schlafen können!
6. Hast du dein ganz persönliches Lieblingsmärchen und warum genau ist dieses dein Lieblingsmärchen?
Ich hatte im Laufe meines Lebens wechselnde Lieblingsmärchen – je nachdem, was mich gerade im Alltag beschäftigt hat. Im Moment gefallen mir zwei Grimmsche Märchen besonders gut. Der Froschkönig, weil das Märchen so einen schönen Anfangssatz hat: In den alten Zeiten, als das Wünschen noch geholfen hat….
Und das Märchen Hans im Glück hat ein herrlich kluges Ende: als Hans alles abhandengekommen ist, wofür er schwer gearbeitet hat, ruft er aus: "So glücklich wie ich, gibt es keinen Menschen unter der Sonne.' Mit leichtem Herzen und frei von aller Last sprang er nun fort, bis er daheim bei seiner Mutter war." – Im Dauerstress, den heute fast jeder hat, wirkt das Märchen wie eine kleine Therapie – befreie dich vom Ballast, der dich nicht glücklich macht! Und jede Mama freut sich, wenn man sie besucht – egal ob mit Schätzen im Gepäck, oder mit leeren Händen. Hauptsache, man findet immer wieder gerne nach Hause.
7. Zum Schluss würden wir gerne mehr über den Wettbewerb „Alles Liebe oder was?“ erfahren. Was genau erwartet die teilnehmenden Kinder und Jugendlichen? Gibt es auch einen Preis?
Im Rahmen der 28. Berliner Märchentage sind deutschsprachige Kinder- und Jugendliche im Alter von 10 – 18 Jahren aufgerufen, ihre Kreativität zu beweisen und sich am 1. Online-Märchenwettbewerb zum Thema „Alles Liebe oder was?“ zu beteiligen. Sie dürfen - und sollen - ihrer Fantasie freien Lauf lassen und Märchen, Balladen, Gedichte oder Kurzgeschichten über Abenteuer mit geliebten oder gehassten Personen, Wesen, Gegenständen, Göttern oder mythischen Helden schreiben. Einsendeschluss ist der 09.11.2017! Die Jury sind die Kinder und Jugendlichen selbst - über den Sieger wird online abgestimmt – wer die meisten Punkte sammelt, gewinnt. Natürlich gibt es auch märchenhafte Preise - die werden aber an dieser Stelle noch nicht verraten…
Ihr wollt die Berliner Märchentage besuchen? Alle Infos zu den Veranstaltungen der Märchentage findet ihr auf Kindaling!