Radfahren lernen:
So bringt ihr euren Kindern das sichere Radfahren bei
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Radfahren lernen ist ein wichtiger Meilenstein im Kindesalter. Wann das richtige Alter fürs erste Fahrrad ist, wie ihr sie beim Lernen unterstützen könnt und ab wann die Kinder im Straßenverkehr unterwegs sein können, erfahrt ihr in diesem Artikel.
Auf einen Blick:
1. Wann ist der richtige Zeitpunkt fürs Radfahren lernen?
2. Radfahren lernen: Schritt für Schritt
3. Regeln fürs sichere Fahrradfahren mit Kind
4. Das verkehrssichere Fahrrad
5. Lebensretter Fahrradhelm
1. Wann ist der richtige Zeitpunkt fürs Radfahren lernen?
Häufig lernen Kinder mit etwa 4 Jahren das Fahrradfahren. In diesem Alter ist das Fahrrad für sie ein Spielzeug und kein Verkehrsmittel. Bevor Kinder zu aktiven Verkehrsteilnehmenden werden, müssen sie zunächst den sicheren Umgang mit dem Fahrrad erlernen (zum Beispiel gleichzeitig zu treten und zu lenken). Erst wenn das Fahrrad sicher beherrscht wird, kann sich das Kind während des Fahrens gleichzeitig auf andere Dingen konzentrieren und das richtige Verhalten im Verkehr erlernen.
Beim Radfahren lernen sollte immer der Entwicklungsstand von Kindern berücksichtigt werden. Anders als Erwachsene machen Kinder schnelle Blicksprünge, nehmen Geschwindigkeiten anders wahr und müssen aktiv das Drehen des Kopfes üben. Wichtig für das Fahrradfahren lernen und die spätere Teilnahme am Verkehr sind folgende Fähigkeiten, die bei Kindern noch in der Entwicklung sind:
- motorische Fähigkeiten: Kraft, Ausdauer, Bewegungskoordination, Halten und Finden vom Gleichgewicht.
- visuelle und akustische Wahrnehmungsfähigkeit: periphere Wahrnehmung, Lokalisierung von Geräuschen.
- kognitive Fertigkeiten: rechts-links-Unterscheidung, Wahrnehmung von Geschwindigkeiten und Entfernungen, Einschätzung von Gefahren, Reaktionszeit, Verstehen und Anwenden von Verkehrsregeln und -normen.
- soziale und emotionale Entwicklung: Verkehrsverhalten in (Peer-)Gruppen, Emotionskontrolle.
Entwicklungsschritte beim Radfahren lernen
Kinder von 2-4 Jahren: In diesem Alter können Kinder mit dem Fahren von Laufrad und Roller beginnen. Mit einem Roller werden Gleichgewicht, Fahren und Schauen, Anhalten und Bremsen mit geringeren Anforderungen geschult. Rollerfahren bereitet auf das anschließende Radfahren vor.
Kinder von 4-7 Jahren: Im Vorschulalter sind die Reifungsprozesse zur Steuerung und Regelung der Motorik weitgehend abgeschlossen. Der Gleichgewichtssinn ist im Alter von etwa fünf Jahren soweit entwickelt, dass die motorischen Voraussetzungen für das Fahrradfahren in der
Regel vorliegen. Allerdings können Kinder noch nicht erkennen, was währenddessen um sie herum geschieht. In diesem Alter ist das Fahrrad als Spielzeug wahrzunehmen, Kinder sollten daher im geschützten Raum üben und fahren.
Kinder von 8 Jahren: Kinder sollten nun in der Lage sein, mehrere Dinge gleichzeitig wahrzunehmen und zu bewältigen, was eine wichtige Voraussetzung für die Verkehrsteilnahme auf Wegen und Straßen ist.
Kinder von 9-10 Jahren: In diesem Alter können Kinder eine differenziertere Einschätzung des Straßenverkehrs machen, in vielen Situationen richtig reagieren, aber ihnen fällt z.B. die richtige Einschätzung von Geschwindigkeiten noch schwer. In diesem Alter findet i.d.R. eine schulische Radfahrausbildung statt.1
2. Radfahren lernen: Schritt für Schritt

Das Radfahren beginnt mit der richtigen Vorbereitung. Stellt sicher, dass das Kinderrad die richtige Größe hat, stellt den Sattel so ein, dass die Kleinen jederzeit Bodenkontakt haben können und kauft einen passenden Fahrradhelm. Auf Stützräder solltet ihr verzichten, sie behindern den Lernprozess, da die Kinder ein falsches Gleichgewichtsgefühl erleben.
Wenn das Fahrrad und die Ausrüstung bereit sind, sucht euch einen sicheren, autofreien Platz zum Üben. Beispielsweise eignen sich Supermarkt Parkplätze am Sonntag, Parkwege an Wochentagen oder Schulhöfe zu unterrichtsfreien Zeiten.
Was wird geübt?
Denkt immer daran: Übung macht den Meister! Übt die verschiedenen Varianten regelmäßig und steigert die Schwierigkeit erst, wenn etwas sicher beherrscht wird (erst Spurhalten, Kurven fahren und bremsen. Einhändiges Fahren setzt viel motorische Sicherheit voraus).
- Schieben und Tragen: Zunächst tragen und schieben Kinder ihr Fahrrad, um ein erstes Gefühl für das Transportmittel zu bekommen.
- Ohne Pedalen üben: Zunächst können auch die Pedalen abgeschraubt werden und das Rad wie ein “Laufrad” benutzt werden. Das eignet sich besonders gut, um das Gleichgewicht zu schulen und um das Bremsen zu üben.
- Aufsteigen / Anfahren: Der erste Schritt beim Fahrradfahren ist das sichere Aufsteigen. Wenn das Kind sicher im Sattel sitzt, kann es das erste Anfahren versuchen. Hier ist die Pedalstellung wichtig (2 Uhr), damit das Rad in Schwung kommt:
- So wenig wie möglich eingreifen: Eltern sollten zurückhaltend stabilisieren. Wenn nötig, können sie unter den Sattel greifen.
- Langsam / schnell fahren: Sobald Kinder das Gleichgewicht halten können und in der Lage sind, einigermaßen sicher geradeaus zu fahren, könnt ihr mit den Geschwindigkeiten spielen. Ihr werdet merken, dass das langsame Fahren oft schwerer fällt, als schneller zu fahren.
- Anhalten / bremsen: Kinder neigen häufig dazu, die Füße auf den Boden zu stellen, um anzuhalten. Daher solltet ihr von Anfang an üben, sowohl mit der Hand- als auch mit der Rücktrittbremse zu bremsen.
- Blickrichtung der Kinder: Beim Fahrradfahren sollten die Kinder zunächst nach vorne schauen, nicht nach unten. Außerdem müssen sie üben, dass die Koordination zwischen Blickrichtung und Steuerung funktioniert. Anfangs passiert es häufig, dass Kinder in die Richtung fahren, in die sie schauen. Später muss geübt werden in eine Richtung zu fahren und in eine andere zu schauen. Das ist wichtig um sich zu orientieren.
Ein paar wichtige Hinweise:
- Plant fürs Üben genügend Zeit ein, habt Geduld und macht Pausen.
- Vergesst nicht, euer Kind zwischendurch zu loben und zu bestärken.
- Um das Fahrrad motorisch zu beherrschen, gehört viel Übung dazu. Es ist ein Prozess über Jahre. Also nicht nur in der ersten Phase üben, sondern langfristig immer wieder.
Übungen zum Radfahren:
Kurze Übungen und kleine Spiele2 helfen dabei, dass euer Kind nach und nach sicherer auf dem Fahrrad wird:
- Genau stoppen: Linie mit Kreide markieren. Kind fährt langsam darauf zu und bremst so, dass es genau an der Linie zum Stehen kommt. Beide Bremsen nutzen. So lernen Kinder die Bremsen zu benutzen.
- Tunnelfahrt: Malt zwei Linien oder legt zwei Seile mit 50 cm Abstand auf den Boden, sie sollten etwa fünf Meter lang sein. Aufgabe ist es, mit dem Fahrrad zwischen den Linien zu fahren, ohne sie zu berühren. Um die Schwierigkeit zu steigern, könnt ihr die Spur verkleinern, auch die Beine könnten während der Fahrt mal hochgehoben werden..
- Immer auf der Linie bleiben: Malt mit Kreide eine Linie auf den Boden. Diese kann gerade sein, aber auch Kurven enthalten. Die Kinder sollen nun mit dem Fahrrad genau diese Linie abfahren.
- Slalom fahren: Baut einen Parcours aus Joghurtbechern oder ähnlichen Dingen, die die Kids im Slalom umfahren müssen (stellt die Becher nicht zu eng). Je näher die Marker beieinander stehen, desto höher ist die Schwierigkeit.
- Ampelspiel: Kinder müssen lernen, auf Signale zu reagieren. Für die Übung benötigt ihr zwei farbige Blätter (oder Plastikteller) in Rot und Grün. Nun fährt euer Kind auf euch zu und ihr haltet eins der Blätter hoch. Wenn ihr das rote Blatt hochhaltet, muss das Kind bremsen, beim Grünen darf es weiterfahren. Alternativ könnt ihr auch üben, dass die Kinder auf Zuruf oder Pfiff stoppen.
- Schattenfahren: Zwei Kinder fahren hintereinander her. Das vordere Kind macht eine Bewegung vor, die das zweite Kind nachmachen muss.
- Fahr- vs. Blickrichtung: Übt in eine Richtung zu fahren, während in die andere Richtung geschaut wird. Geht dazu neben eurem Kind und zeigt eine bestimmte Anzahl an Fingern oder verschiedene kleine Gegenstände (Stift, Stofftier, Nuss, Becher, …), die das Kind dann benennt, während es weiter geradeaus fährt.
- Einarmiges Fahren: Um das sichere Abbiegen gewährleisten zu können, müssen Klein und Groß vorher mit einem ausgestreckten Arm ihr Vorhaben signalisieren. Das ist recht anspruchsvoll. Um das kurzzeitige einarmige Fahren zu üben, können Kids zunächst sehr vorsichtig eine Hand leicht vom Lenker nehmen und dabei weiterhin geradeaus fahren. Schritt für Schritt kann der Schwierigkeitsgrad erhöht werden. Aber
nicht zu schnell vorgehen, weil Anfangs dabei leicht der Lenker verrissen wird und Sturzgefahr besteht.
3. Regeln fürs sichere Fahrradfahren mit Kind
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Das Fahrradfahren ist ein jahrelanger Lernprozess. Nachdem das Fahrrad motorisch beherrscht wird, dauert es noch, bis das Kind zur sicheren Verkehrsteilnehmer*in wird. So könnt ihr euer Kind beim Lernprozess unterstützen:
- Seid ein Vorbild und erklärt beim gemeinsamen Fahrradfahren immer, warum ihr etwas tut.
- Unterstützt die Fahrradausbildung in der Schule eures Kindes.
- Beobachtet, wie sicher das Kind auf dem Fahrrad und im Verkehr ist, bevor es alleine fahren darf. Der ADAC empfiehlt, dass Kinder erst nach der schulischen Fahrradprüfung in der 3. oder 4. Klasse alleine mit dem Rad am Straßenverkehr teilnehmen.
Rechtliche Bestimmungen zum Fahrradfahren mit Kind
Bis zum 8. Geburtstag muss ein Kind mit dem Rad den Gehweg benutzen, bis zum 10. Geburtstag dürfen Kinder auf dem Gehweg fahren. Ausnahme: Ist ein baulich von der Fahrbahn getrennter Radweg vorhanden, dürfen Kinder diesen Alters auch diesen Radweg nutzen. Auf dem Gehweg dürfen die Kinder von einer Person über 16 Jahren begleitet werden. Auf dem Gehweg solltet ihr immer auf andere Verkehrsteilnehmende achten und gegebenenfalls auch zwischendurch absteigen und schieben. Für Kinder über 10 Jahren gelten die allgemeinen Radverkehrsregelungen wie für Erwachsene.
Mehr über Verkehrserziehung und Verkehrsregeln findet ihr in diesem Artikel, in dem wir euch erklären, wie ihr diese euren Kindern näherbringt.
4. Das verkehrssichere Fahrrad
Eine wichtige Voraussetzung zur sicheren Teilnahme mit dem Fahrrad am Straßenverkehr ist ein verkehrssicheres Fahrrad. Damit ein Fahrrad verkehrssicher ist, dürfen folgende Teile am Fahrrad auf keinen Fall fehlen:
- Klingel
- zwei voneinander unabhängige Bremsen (für das Vorder- und Hinterrad)
- zwei rutschfeste und fest verschraubte Pedalen mit jeweils zwei nach vorne und hinten wirkenden, gelben Rückstrahlern
- rotes Rücklicht
- weißes Vorderlicht (Scheinwerfer)
- weißer Reflektor vorne
- roter Reflektor hinten
- jeweils zwei Speichenreflektoren im Vorder- und Hinterrad oder reflektierende Reifen
Das Licht darf auch batteriebetrieben sein und muss nicht fest am Fahrrad verschraubt sein. Beim Kauf eines Fahrrads solltet ihr auf die Zulassung für den Straßenverkehr achten. Wenn kleine Kinder das Fahrrad ausschließlich auf dem Gehweg benutzen, reicht auch ein sogenanntes Spielrad aus, das nicht mit den üblichen Funktionen ausgestattet sein muss. Sobald das Kind aber die Fahrbahn benutzen möchte (ab dem 8. Geburtstag möglich), muss das Fahrrad die oben aufgelisteten Kriterien erfüllen. Wir empfehlen von Anfang an ein verkehrssicheres Fahrrad zu nutzen, denn Klingel, Licht und alles andere benötigen die Kinder auch auf dem Gehweg oder in Parks.
Fürs erste Fahrrad sind darüber hinaus empfehlenswert:
- Polster in der Mitte der Lenkstange
- Schutzbleche an den Rädern
- Kettenschutz
- Schutz für die Enden der Lenker (zur Verhinderung von Bauchverletzungen bei einem Sturz)
Damit die Verkehrssicherheit jederzeit gegeben ist, solltet ihr gemeinsam mit den Kindern regelmäßig die Funktionalität der Fahrradteile prüfen. Außerdem empfehlen wir, jährlich einen Check im Fahrradladen vorzunehmen.3
5. Lebensretter Fahrradhelm
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Schon gewusst? Mehr 12-Jährige tragen eine Zahnspange als einen Fahrradhelm!4 Die Quote steigt aber seit einigen Jahren kontinuierlich: Die Helmtragequote in Deutschland betrug im Jahr 2022 40,3%, unter den Kindern von 6-10 Jahren trugen 81,3% einen Fahrradhelm.5
In Deutschland gibt es weder für Kinder noch für Erwachsene eine Helmpflicht, dabei kann das Tragen eines Helmes nachgewiesen Leben retten. Rund 37 Prozent der bei Unfällen verletzten Radfahrer*innen erleiden Kopfverletzungen, die durch einen Fahrradhelm abgemildert werden können.6 Eltern haben beim Helmtragen eine wichtige Vorbildfunktion: Je mehr Erwachsene und Kinder im Umfeld Helm tragen, desto einfacher ist es, die Kinder davon zu überzeugen, ebenfalls einen Fahrradhelm zu tragen.
Auf was muss man beim Fahrradhelm achten:
- Der Helm sollte die richtige Größe und Passform haben. Lasst euch beim Kauf am besten beraten und lasst euch auch den richtigen Sitz und das korrekte Anlegen zeigen.
- Ein Helm sollte nach einem Unfall oder spätestens nach 5 Jahren ausgetauscht werden.
- Für die bessere Sichtbarkeit im Straßenverkehr empfehlen wir einen Helm in einer auffälligen Farbe mit Reflektoren und LED. Es ist auch ratsam, dass die Kids gut sichtbare Kleidung tragen, idealerweise auch reflektierend.7
Wir wünschen euch viel Freude beim Radfahren lernen und den ersten gemeinsamen Ausfahrten!
1https://bast.opus.hbz-nrw.de/opus45-bast/frontdoor/deliver/index/docId/2472/file/M306_Kinder_im_Stra%c3%9fenverkehr_barrFrei.pdf, https://shop.verkehrswacht.de/mediafiles/PDF/Kinder/ERB.pdf).
2 https://shop.verkehrswacht.de/mediafiles/PDF/Kinder/ERB.pdf,
https://www.adfc.de/artikel/so-lernen-kinder-das-radfahren-adfc-tipps-fuer-eltern,
https://www.adfc.de/artikel/fahrradzubehoer-fuer-kinder .
3https://www.adfc.de/artikel/das-verkehrssichere-fahrrad, https://verkehrshelden.com/fileadmin/user_upload/Fahrrad-Check.pdf.
4https://www.verkehrswacht-medien-service.de/grundschule/fahrradhelm/.
5https://www.bast.de/DE/Publikationen/DaFa/2024-2023/2023-02.html.
6https://www.verkehrswacht-medien-service.de/grundschule/fahrradhelm/, https://www.verkehrswacht-medien-service.de/grundschule/fahrradhelm/fahrradhelm-
lebensretter/.
7https://www.verkehrswacht-medien-service.de/grundschule/fahrradhelm/, https://www.verkehrswacht-medien-service.de/grundschule/fahrradhelm/fahrradhelm-lebensretter/, https://bast.opus.hbz-nrw.de/opus45- bast/frontdoor/deliver/index/docId/2472/file/M306_Kinder_im_Stra%c3%9fenverkehr_barrFrei.pdf S. 72.
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